Heft 37 (19. Jg. 2006): Aus dem Freud Museum London
Michael Molnar
"... jener nach innen gekehrte nachdenkliche Blick" (S. 14–29)
Zusammenfassung: Die Radierung von Freud, die Max Pollak 1914 anfertigte, unterscheidet sich von anderen Proträts erstens dadurch, daß sie einen von der Welt entrückten Freud zeigt, und zweitens, weil seine Antiquitäten darin im Vordergrund stehen. Man ahnt Verbindungen zwischen seiner Stimmung und zeitgleichen Ereignissen wie dem Konflikt mit Jung und der Züricher Gruppe. Durch die Identifizierung der Antiquitäten ergeben sich Assoziationen mit Aspekten von Freuds Arbeitsmethoden. Kunstwerke dokumentieren eine andere Realitätsebene als Photographien, weil Intentionalität darin eine größere Rolle spielt als Struktur. Daher beleuchten sie eher Gefühle als Fakten. Die Atmosphäre der Radierung regt zum Nachdenken über Darstellung und das Unheimliche an. Der Essay setzt das implizite Argument der vorangegangenen Bildbetrachtungen des Autors fort: daß die Ikonographie eine Art von Geschichtsschreibung ermöglicht, die Selbstkritik und Ungewißheiten in sich aufnehmen kann.
Summary: "... that reflective gaze turned inward". The 1914 etching of Freud by Max Pollak differs from other portraits, firstly in that it shows him abstracted from the world and, secondly, because his antiquities are prominently featured. Links may be conjectured between his mood and such events of the time as the dispute with Jung and the Zurich group. Identification of the antiquities yields associations with aspects of Freud's working methods. An art work presents a different level of evidence from a photograph since intentionality plays a stronger role in it than structure. Consequently it throws more light on emotion than fact. The atmosphere of the etching prompts some reflections on representation and the uncanny. This article continues to argue the implicit case behind the author's preceding photograph studies: that iconography may provide a basis for writing history that can accomodate self-criticism and uncertainties.
Schlagworte: Pollak, Max; Antikensammlung Freuds; Freud: Werke ("Das Unheimliche" 1919h)